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Erfahrungen aus dem PrEval-Projekt

Im Dialog mit der Praxis

Architektur in grün
Foto: Anja Feix

Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt sind durch Polarisierungstendenzen, neue Protestdynamiken und extremistische Gruppierungen herausgefordert. Die Anschläge von Hanau und Halle haben die Aufmerksamkeit für das Gewaltpotential des Rechtsextremismus erhöht. Durch das Erstarken von Querdenken und der Reichsbürger-Bewegung sind radikale Ideologien im gesellschaftlichen Fokus. Vor diesem Hintergrund haben Extremismusprävention, politische Bildung und Demokratieförderung eine gesteigerte Bedeutung. Der PrEval-Verbund beschäftigt sich mit Evaluation und Qualitätssicherung in diesen Bereichen. Das erste Projekt „PrEval – Evaluationsdesigns für Präventionsmaßnahmen“ wurde im Jahr 2022 abgeschlossen.

Vor dem Hintergrund erstarkender radikaler Ideologien muss das Vertrauen in staatliche Institutionen und demokratische Entscheidungsprozesse täglich neu erkämpft werden. Die Vielfalt der Ansätze, Akteure und Projekte in der Extremismusprävention, der politischen Bildung und der Demokratieförderung muss gestärkt werden. Hier kommt Evaluation, Qualitätssicherung und der Organisation von Wissen eine entscheidende Rolle zu, werden doch immer mehr Initiativen über zahlreiche Bundes-, Landes- und kommunale Programme gefördert und gibt es doch eine immer breitere, vielfältigere und sich professionalisierende Zivilgesellschaft in Deutschland.

Das Spektrum reicht von Arbeit in Schulen, wie Projektarbeit oder Ausbildung von Lehrkräften, über den Umgang mit potentiellen Gefährdern, der Distanzierungsarbeit im Strafvollzug bis hin zur politischen Bildung im digitalen Raum. Die Diversität der vielen unterschiedlichen Projekte und Träger ist gleichermaßen eine unabdingbare Stärke, aber eben auch eine Herausforderung, wenn es darum geht, die Wirksamkeit der Projekte zu verstehen und bedarfsgerechte Strukturen des Austauschs und des Lernens zu schaffen. Das Spektrum reicht von Arbeit in Schulen, wie Projektarbeit oder Ausbildung von Lehrkräften, über den Umgang mit potentiellen Gefährdern, der Distanzierungsarbeit im Strafvollzug bis hin zur politischen Bildung im digitalen Raum. Die Diversität der vielen unterschiedlichen Projekte und Träger ist gleichermaßen eine unabdingbare Stärke, aber eben auch eine Herausforderung, wenn es darum geht, die Wirksamkeit der Projekte zu verstehen und bedarfsgerechte Strukturen des Austauschs und des Lernens zu schaffen.

Das Verbundprojekt PrEval nimmt sich diesen Herausforderungen seit dem Jahr 2020 an. Hinter dem ersten Projekt „PrEval – Evaluationsdesigns für Präventionsmaßnahmen“, das 2022 abgeschlossen wurde, standen zwei Ideen: Erstens sollten Diskussionen über Evaluation und Qualitätssicherung nicht mehr abstrakt, sondern anhand konkreter Evaluationsmethoden geführt werden. Zweitens wurden die Bedarfe der Fachpraxis und die internationalen Debatten systematisch und über zahlreiche disziplinäre Grenzen hinweg erhoben. Durch ein umfangreiches Mapping und Analysen der Akteur*innen, die bereits Evaluationen in den Bereichen der Prävention und politischen Bildung durchführen, wurden Grundlagen für weitere Arbeit und weiteren Austausch geschaffen. Die Ergebnisse des ersten Projekts wurden in verschiedenen Publikationsformaten vorgestellt (sechs PRIF Spotlights, 10 PRIF Reports, eine GPPi-Study und ein Sammelband).

Das Forschungs- und Transfervorhaben bringt dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Akteur*innen aus Wissenschaft und Fachpraxis zusammen. PrEval versteht sich als dialogisches Forschungsprojekt, in dem Forscher*innen und Praktiker*innen gemeinsam Bedarfe erheben, Designs entwickeln und testen. Insgesamt waren von 2020 bis 2022 fünf Verbundpartner, zwei Kooperationspartner sowie fünf Netzwerkpartner beteiligt.

Nach dem Abschluss des ersten Projekts startete im Oktober 2022 das Nachfolgeprojekt „PrEval – Zukunftswerkstätten“. Herzstück des Projekts sind die vier Zukunftswerkstätten, in denen zuvor identifizierte Punkte aufgegriffen und vertieft werden. In Workshops, Fokusgruppen und Surveys sollen gerade auch konträre Positionen und Bedarfe zusammengebracht und neue Vorschläge zur Stärkung von Extremismusprävention, Demokratieförderung und politischer Bildung in Deutschland erarbeitet werden. Der Verbund ist zum Projektstart auf 15 Partner angewachsen und ist darauf ausgelegt, im Rahmen der Zukunftswerkstätten viele weitere Interessierte in die Projektarbeit einzubinden. Die Breite des Netzwerks ermöglicht es, die Ergebnisse und Erkenntnisse mithilfe von Fachtagen, Dialogformaten und Open Access-Publikationen auch außerhalb des Verbunds in die tägliche Arbeit der Fachpraxis einzubringen und diese zu stärken.

Das Projekt „PrEval – Zukunftswerkstätten“ wird vom Bundesministerium des Innern und für Heimat finanziert. PRIF koordiniert den Verbund.

Interview mit Julian Junk

Mann mit Jackett
Julian Junk

Prof. Dr. Julian Junk leitet gemeinsam mit Dr. Hande Abay Gaspar die Forschungsgruppe „Radikalisierung“ und das Projekt „PrEval – Zukunftswerkstätten“. Seit 2023 hat er die Forschungsprofessur „Extremismus und Extremismusresilienz“ an der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit inne.

  1. Q: Kann man den Erfolg von Prävention messen?

    Das wird in Fachkreisen durchaus kontrovers diskutiert. Schließlich folgen wir hier einer kontrafaktischen Logik. Wir müssen ja ein Nicht-Ereignis messen, also ermitteln, dass ein bestimmtes ungewünschtes Ergebnis im Idealfallfall nicht eingetreten ist. Evaluation ist aber immer ein sehr voraussetzungsreicher Prozess, der vielen möglichen Erkenntnisinteressen und Leitfragen folgt. Diese reichen von Fragen der Wirksamkeit von Teilaspekten einer Initiative bis hin zur Begleitung von Organisationsentwicklungsprozessen. Bergen Fragen der Prävention bestimmte Herausforderungen, so stellen sich in Bereichen der politischen Bildung wieder andere. Und in beiden Fällen haben wir es oft mit langen Zeithorizonten und sensiblen Daten zu tun.

  2. Wie greifen Forschung und Transfer im PrEval-Projekt ineinander?

    Wir haben ja einige Pilotstudien durchgeführt, in denen bestimmte Evaluationsdesigns zum ersten Mal ausprobiert wurden. Wir sprechen hier von Co-Design-Prozessen. Transfer verstehen wir nicht als Einbahnstraße, so dass die Forschung Ergebnisse liefert, die dann nur noch in die Praxis übertragen werden müssen. Vielmehr geht es um einen dialogischen Prozess. Wir nehmen die Expertise und Erfahrungen der Fachpraxis ernst und erkennen an, dass jede Seite andere Stärken hat und dass wir in der Forschung auch nicht alles wissen. Und überhaupt ist die Dichotomie zwischen Forschung und Praxis gerade in den Themenfeldern eigentlich überholt: Viele Akteure aus der sogenannten Praxis kommen aus der Forschung oder anders herum. Viele Projekte und Initiativen sind seit Jahren auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis gepolt. Wenn wir uns mit Evaluation und Qualitätssicherung beschäftigen, müssen wir dem auch Rechnung tragen. Gute Evaluation steht und fällt in der engen Zusammenarbeit mit denjenigen, die Evaluationen beauftragen, denjenigen, die Gegenstand einer Evaluation sind, und denjenigen, die Evaluation durchführen. Und eine gute Evaluation denkt den Transfer mit: Eine Evaluation sollte nicht mit einem staubtrockenen 200-Seiten-Report enden, sondern konkrete Empfehlungen erarbeiten, schon im Laufe des Evaluationsprozesses Zwischenergebnisse diskutieren und nach einer Evaluation auch Zeit, Finanzierung und Willen einplanen, die Empfehlungen überprüfbar umzusetzen.

  3. Was zeichnet die Arbeitsweise im PrEval-Verbund aus?

    Der Verbund ist sehr groß und vielfältig angelegt. Man hätte ihn auch in einzelne Projekte aufteilen können, aber durch das Zusammenführen werden Synergien geschaffen. Wenn beispielsweise ein Partner in einem Bereich ein Survey durchführt, können wir den auch in anderen Bereichen einsetzen. Das macht es aber auch sehr komplex. Der Verbund hat eine besondere Arbeitsweise, die sehr aufwändig ist. Es gibt eine transparente Plattform für alle, die aktiv mitarbeiten und mitlesen wollen. Damit gelingt die Verschränkung zwischen Wissenschaft, Praxis und Politik. Es ist ein sehr kommunikativer Raum. Und dieser Dialog eröffnet auch neue Blickwinkel.

  4. Welche neuen Blickwinkel sind das?

    Nur ein Beispiel aus der Sekundär- und Tertiärprävention: Wir vollziehen einen Perspektivwechsel, wenn wir nicht ein einzelnes Projekt, sondern Klient*innen in den Blick nehmen. Wir können uns natürlich einzelne Projekte ansehen. Aber wenn wir einen bestimmten Klienten betrachten, beispielsweise jemanden, der gerade aus dem Strafvollzug entlassen wurde und nun wieder in der Gesellschaft ankommen soll, dann bekommt der ganz viele unterschiedliche Unterstützungsangebote: von einem Distanzierungsprojekt über Angebote der politischen Bildung bis hin zu Angeboten der Arbeitsagenturen und anderer Behörden, die manchmal als Zwänge, manchmal als Hilfe wahrgenommen werden, der Gemeindearbeit, der Familien und Freundeskreise – die Liste könnte man sehr lang fortsetzen. Was wirkt denn da eigentlich auf ihn? Welche Konstellation ist sinnvoll? Und messen wir das richtig? Diese Fragen bekommen wir erst durch diesen nur scheinbar so simplen Perspektivwechsel richtig in den Blick.

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