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Review

PRIF Jahresbericht 2024Wissenstransfer und Dialogformate

Neue Leitung im Berliner PRIF-Büro

Wissenstransfer und Dialogformate

Innenhof mit Stehtischen und vielen Personen

Foto: RADIS

Seit 2017 gibt es das Berliner Büro vom PRIF im Haus der Leibniz-Gemeinschaft. War es zu Beginn ein zeitlich begrenztes Pilotprojekt, ein Versuch, in der Hauptstadt für kürzere Wege und bessere Kommunikation ins politische Berlin zu sorgen, hat sich die Dépendance mittlerweile bewährt und ist fest etabliert. 2024 übernahm Sarah Brockmeier-Large die Leitung und ist seitdem das kompetente und tatkräftige Berliner Gesicht von PRIF.

Sarah Brockmeier-Large

Sarah Brockmeier-Large leitet seit 2024 das Berliner Büro von PRIF. Außerdem ist sie Doctoral Researcher im Rahmen der Forschungs­initiative ConTrust – Vertrauen im Konflikt am PRIF und an der Goethe-Universität Frankfurt/M. und Non-Resident Fellow am Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit der Frage, ob und unter welchen Umständen Bürgerdialoge zu Außenpolitik das politische Vertrauen von Bürger*innen beeinflussen.

  1. Warum ist aus deiner Sicht das Berliner Büro wichtig? Was ist seine Funktion?

    Eine wichtige Funktion des Berliner Büros ist es, die Wissenskommunikation von PRIF zu unterstützen und den Austausch zwischen Wissenschaft und Politik zu stärken. Das Büro unterstützt dabei, die Forschung des PRIF in der Hauptstadt sichtbar zu machen, und bringt sie u. a. über dialogische Formate in politische Debatten ein. Darüber hinaus dient das Berliner Büro ganz praktisch als Anlaufstelle für Mitarbeitende aus Frankfurt für kurze oder längere Aufenthalte in Berlin oder für Gastwissenschaftler*innen. Und wir organisieren, begleiten oder unterstützen jährlich wiederkehrende Formate in Berlin für den Austausch zwischen Forschenden am PRIF und dem Politikbetrieb in Berlin.

  2. Welche Formate sind das zum Beispiel?

    Ein Highlight jeden Jahres ist die jährliche Vorstellung des Friedensgutachtens in Berlin, bei dem die Herausgeber*innen und Autor*innen das Gutachten bei der Bundespressekonferenz und dann in den Fraktionen verschiedener Parteien und in Ministerien vorstellen. Wir unterstützen außerdem den Austausch zwischen den Forschenden im CNTR-Projekt (Cluster Natur- und Technik­wissen­schaftliche Rüstungs­kontroll­forschung) mit dem Politikbetrieb in Berlin. 2024 wurde der erste CNTR Monitor im Auswärtigen Amt gelauncht mit dem Themenschwerpunkt Dual Use in Forschung und Entwicklung. Der Monitor wurde u. a. im Auswärtigen Amt, dem Verteidigungsministerium und dem Ministerium für Bildung und Forschung diskutiert.

    Seit 2022 organisieren wir außerdem jedes Jahr einen oder mehrere Beiträge des PRIF für das „Deutsche Forum Sicherheitspolitik der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS)“. Im letzten Jahr haben zum Beispiel die Kolleg*innen Pascal Abb und Irene Weipert-Fenner ein Fachgespräch zum Thema „Der neue Regimewettbewerb und seine sicherheitspolitischen Konsequenzen“ geführt. Bei der Podiumsdiskussion „Rüstungskontrolle und Neue Technologien – Chancen sehen und ergreifen“ sprachen Thomas Reinhold, Frank Kuhn und Liska Suckau vom Forschungsverbund CNTR.

  3. Du bist Politikwissenschaftlerin, promovierst, hast auch die passenden Forschungsschwerpunkte: deutsche Außenpolitik, Krisenprävention, Stabilisierung und Friedensförderung sowie öffentliche Meinung und Bürger*innendialoge zu Außen- und Sicherheitspolitik. Wie greifen deine Forschungs- und Transferaktivitäten ineinander? Also inwieweit prägen z. B. deine Erfahrungen in den Dialogformaten wieder deine Forschungsarbeit – klappt der „dialogische Wissenstransfer“?

    Vor meiner Zeit am PRIF habe ich zwei Jahre bei den Vereinten Nationen gearbeitet sowie 10 Jahre beim Think Tank Global Public Policy Institute, wo ich auch an praxisnahen Forschungsprojekten gearbeitet habe. Ich finde die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik extrem spannend und merke, dass es für die Unterstützung des Wissenstransfers von PRIF sehr hilfreich ist, dass ich länger zur deutschen Außenpolitik in Berlin gearbeitet habe. Wenn ich zum Beispiel aufgrund meines Hintergrunds oder meiner gegenwärtigen Forschung zu Veranstaltungen oder Hintergrundgesprächen eingeladen werde, hilft das sehr, um die Feinheiten der politischen Debatten in Berlin zu verfolgen. Es bietet gleichzeitig die Möglichkeit, Forschungsergebnisse des PRIF einzuspeisen und Netzwerke auszubauen.

  4. Du hast dich geäußert zur Reform des Auswärtigen Amts, zur Weiterentwicklung der Entwicklungspolitik, zur Zukunft der deutschen Sicherheitspolitik, zur ersten deutschen nationalen Sicherheitsstrategie. Du konzipierst auch PRIF Blog-Serien. Welche Themen brennen dir besonders unter den Nägeln?

    Ich finde die derzeitige Nachrichtenlage aus der Welt sehr erdrückend, wie wahrscheinlich viele Menschen. Mir hilft immer der Gedanke, dass ich mich beruflich mit den Fragen beschäftigen darf, die viele Menschen jetzt auch wirklich umtreiben: Wie kann Europa sicherheitspolitischen Herausforderungen begegnen? Wie können wir unsere Demokratie erhalten? Wie uns für Frieden einsetzen? Ein Thema, was mich beschäftigt und welches ich auch in meiner Dissertation bearbeite, ist die öffentliche Debatte zu Außen- und Sicherheitspolitik: Wie messen wir eigentlich die öffentliche Meinung zu Außen- und Sicherheitspolitik? Wer spricht wie mit Bürger*innen über Außen- und Sicherheitspolitik? Wie funktioniert hier das Zusammenspiel zwischen Politik, Medien und Bürger*innen in der öffentlichen Debatte? Zwischendurch beschäftigt mich aber auch immer wieder die Frage, wie wir ganz praktisch Reformen angehen müssten, um die Bürokratie für Außen- und Sicherheitspolitik effizienter zu gestalten.

  5. Du bist auch zur Leibniz-Gemeinschaft eine wichtige Verbindung. Seit 2024 gibt es z. B. die Leibniz-Labs, in denen Leibniz-Institute interdisziplinär und mit Akteuren aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zusammenarbeiten. Das PRIF ist an drei Leibniz-Labs beteiligt: „Pandemic Preparedness“, „Systemische Nachhaltigkeit“ sowie „Umbrüche und Transformationen“. An letzterem bist du selbst beteiligt. Um was geht es in diesem Projekt?

    Im Rahmen des Leibniz-Lab „Gesellschaftliche Umbrüche und Transformationen“ haben wir zusammen mit dem Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften (GESIS) unter anderem einen Workshop zu öffentlicher Meinung zu Außen- und Sicherheitspolitik organisiert. Hier brachten wir Wissenschaftler*innen, die zu öffentlicher Meinung in der Außen- und Sicherheitspolitik oder generell zu Meinungsforschung arbeiten, zusammen mit Wissenschaftler*innen und Think Tank-Expert*innen, die regelmäßig Umfragedaten erheben und veröffentlichen, und Entscheidungsträger*innen, die Umfragen in der politischen Entscheidungsfindung konsultieren. Unsere Ziele waren, das Verständnis der verschiedenen Gruppen für die Arbeit der anderen zu erhöhen, Herausforderungen und Lösungsansätze herauszuarbeiten und persönliche Netzwerke zu fördern, um potentielle zukünftige Zusammenarbeit und auch ganz schlicht informelle Problemlösungen zu ermöglichen. Der Workshop war extrem spannend und hat ganz konkrete Lücken im Wissenstransfer bei diesen Themen gezeigt. Es gibt schon ganz schön viel Forschung, die in der Politik oder Verwaltung aber kaum wahrgenommen wird. Andersherum profitieren die Wissenschaftler*innen sehr davon zu hören, welche Fragen sich Entscheidungsträger*innen stellen und welche Formate sie wahrnehmen und welche nicht. Für mich war das ein hervorragendes Beispiel dafür, warum Dialogformate und Wissenstransfer insgesamt für alle Seiten bereichernd sein können. (kha)